Die Elektrischen, Teil 3: Mandrill
Während nahezu alle Hersteller auf UTVs und damit auf das Thema Arbeit setzen, wählt Mandrill einen anderen Weg und drückt seinem Mandrill M-two ganz deutlich den Stempel Powersport und damit Fahrspaß auf. Schon beim Design haut die Firma aus dem schwäbischen Berneck mal so richtig auf die Pauke.
Zu Silvester 2022 ließen die Schwaben ihre Design-Rakete steigen und präsentierten das finale Design des M-two: Ein Side by Side wie von einem anderen Stern mit deutlichen Anleihen aus dem Automobilbereich. Dafür sprechen auch die Maße. 3,64 m Länge und 1,85 m Breite sind schon PKW-Format. Aber mit seiner gedrungen Fronthaube, den fast freistehenden Rädern, der gestreckten Dachlinie und dem Stummelheck wirkt der M-two eher wie ein gechopter Offroad-Hotrod.
Getreu dem Motto "Länge läuft" beträgt der Radstand erstaunliche 2,94 m. Die Räder mit den 15" Beadlock-Felgen sitzen an den äußersten Enden und unterstützen die ansteigende Seitenlinie, die dem Mandrill eine aggressive Dynamik verleiht - der Tiger, bereit zum Sprung. Dabei ist ein Affe Namensgeber für das Projekt. Mandrills sind Primaten, die in den tropischen Wäldern Zentralafrikas leben. Mit ihrer rot-blauen Gesichtsfärbung gelten sie als die farbenfrohesten Säugetiere überhaupt. Wenn man das Firmenlogo genau anschaut, dann ist der stilisierte Mandrill unverkennbar. Und je länger man die markante Frontpartie des M-two betrachtet, um so mehr drängt sich der Eindruck auf, dass auch hier der Namensgeber Modell gestanden haben könnte.
Seit 2019 tüfteln die Schwaben bereits an ihrem Elekto-SxS. Zunächst entstand ein M-one genannter Prototyp auf Basis einer Arctic Cat Wildcat X 1000. Der diente als Versuchsträger für die einzelnen Komponenten und als Präsentationsfahrzeug, um die Reaktionen der potentiellen Käufer zu testen. Die waren durch die Bank positiv. Besonders mit seinem satten Drehmoment und der fulminanten Beschleunigung konnte der M-one Eindruck schinden. Dabei verfügt er nur über einen Elektromotor. Der M-two wird zwei Maschinen an Bord haben, eine für die Vorder- und eine für die Hinterachse. 204 PS sollen sie zusammengespannt leisten und ein Drehmoment von 620 Nm zur Verfügung stellen. Damit soll die 970 kg schwere Fuhre in sagenhaften 2,3 Sekunden auf 100 km/h beschleunigt werden. Bei solchen Werten dürfte die regenerativ ausgelegte Bremsanlage gut beschäftigt sein und einiges an Strom zurück in die Akkus pumpen. Doch nach spätestens 300 km geht dem M-two dann die Pust aus. Aber mit dem 22kw- Gleichstromladegerät kann es schon nach gut einer Stunden zu 80 Prozent aufgeladen weitergehen. Ein 50kw Wechselstrom-Schnellladegerät schafft das sogar in 30 Minuten.
Der gesamte Antrieb ist eine Eigenentwickung der Firma Mandrill. Darauf sind die Schwaben zurecht stolz. Die beiden Motoren treiben ihre Achse jeweils direkt an. Der CVT-Riemen entfällt. Der Fahrer kann zusätzlich die Drehmomentsverteilung auf die beiden Achsen steuern. Der Mo-two fährt entweder mit Front-, Heck- oder Allradantrieb. Die Untersetzung wird über ein wartungsfreies Einganggetriebe zugeschaltet. Und wenn das in schwerem Gelände noch nicht reicht, lassen sich zusätzlich die Differenziale an beiden Achsen separat sperren.
Natürlich verfügt der Mandrill über die üblichen kleinen Helfer, wie etwa Traktionskontrolle oder Bergabfahrhilfe. Sogar ein Tempomat ist an Bord. Weiterhin stellt das Fahrzeug unterschiedliche Fahrmodi bereit, etwa für Straße oder Offroad. Wer seinen Kindern mal eine Fahrt am Steuer des M-two gönnen will, drückt einfach vorher den Kids Mode und kann nun Höchstgeschwindigkeit und maximales Drehmoment den Fahrkünsten des Nachwuchses entsprechend einstellen.
Den Rahmen haben sie zusammen mit einem deutschen Dakarteam entwickelt. Er ist FIA-konform und somit "ready to race". Bei der Herstellung setzt man, wo immer es geht, auf zertifizierte Großserienbauteile namhafter Zulieferfirmen und Erstausrüster. Die E-Maschinen kommen von Vitesco aus Berlin, der französische Fahrwerksspezialist Donerre liefert die Stoßdämpfer zu, die Bremsen kommen von Hayes aus den USA und Sparco aus Italien wird Sitze, Gurte und Lenkrad beisteuern.
Wer will, kann den Mandrill auch mal eine Stunde lang unter Wasser tauchen. Das macht ihm mit seiner Schutzklasse IP 67/69 nichts aus. Vermutlich wird das niemand ernsthaft wollen. Aber es ist gut zu wissen, dass die nächste Wasserdurchfahrt dem komplizierten technischen Innenleben nichts anhaben kann - und auch nicht dem empfindlichen Gepäck der Passagiere. Das passt nämlich bequem in ein wasserdichtes 400 Liter fassendes Staufach unterhalb der Ladefläche.
Auf die Ladefläche selbst ließe sich ohne Probleme eine gut befüllte Europalette buckeln. Aber dort dürften wohl eher die Reserveräder für den nächsten Rallyeeinsatz Platz finden. 700 kg Zuladung schleppt der Mandrill weg und 1200 kg kann er dazu noch hinten an den Haken nehmen. Deswegen werden die Macher auch nicht müde zu betonen, dass man mit dem Mandrill nicht nur Spaß haben sondern auch auch richtig arbeiten kann, etwa in der Landwirtschaft. Jeder Bauer wird begeistert sein von diesem flotten Trecker. Auch an einen Einsatz im Bergbau, bei der Feuerwehr oder im militärischen Bereich ist gedacht
Der Einstiegspreis steht inzwischen fest. Stramme 39.900 Euro sind für das Basismodell angesetzt. Die Liste der Zusatzausstattung ist kurz: Dach, Frontscheibe, Winde, Navigationssystem und für Frostbeulen wird es sogar eine Heizung geben. Außerdem kann man sich für ein paar Euro mehr je nach Einsatzzweck bestimmte Fahrmodi freischalten lassen.
Im August dieses Jahres soll der Testbetrieb mit dem ersten Fahrzeug beginnen. Nächstes Jahr ist eine Flotte von 20 Testfahrzeugen geplant und 2025 sollen die ersten Fahrzeuge regulär auf die Straßen rollen. Bis dahin sind noch einige Hürden zu nehmen. Die wichtigste ist wohl die Finanzierung. Bis jetzt wird die Firma durch ihre Gesellschafter privat getragen. Aber ohne Moos nix los - für eine Serienfertigung muss fremdes Kapital eingeworben werden. Deswegen steigt Mandrill jetzt intensiv in die Investorenakquise ein.
4 Räder, 1 Riemen meint: Liebe Investoren, gebt euch einen Ruck. In der E-Mobilitätsszene sind viele Schaumschläger unterwegs. Die Leute von Mandrill gehören nicht dazu. Dieses Projekt hat Hand und Fuß, ist sozusagen feinstes German Engineering aus dem Kernland des deutschen Automobilbaus. Dazu sieht der M-two rattenscharf aus. Der muss einfach raus - auf die Straße und auf den Track.
📷 Mandrill
▶️ Alle technischen Daten sind Herstellerangaben.
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